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Nachricht vom 05.12.2025
Region
Gegen die Uhr: PLAnbe stemmt Rettung von 800 Legehennen im Eiltempo
Gegen Mittag des 29. November trafen die Helfer der Tierschutzinitiative "PLAnbe" auf einem Hof im Westerwald ein - der Tag, der seit Wochen als Rettungstermin feststand. Kurz zuvor hatten die Stallpflichten wegen der Vogelgrippe die Planung durchkreuzt. Erst die kurzfristige Aufhebung machte den Einsatz wieder möglich. Nun blieb nur dieses Wochenende, um rund 800 Legehennen vor dem Schlachthof zu bewahren. Damit begann eine Rettung, die drängte - und dennoch geordnet ablaufen musste.
Diese Henne benötigt nun spezielle Pflege und tierärztliche Betreuung. Dank der schnellen Aktion von "PLAnbe" und dem neuen, schlachtfreien Zuhause kann sie sich erholen, ihr Gefieder wieder bilden und zum ersten Mal ein artgerechtes Leben führen. (Foto: "PLAnbe")Westerwald. Als am Donnerstag (27. November) der Bauer beim Organisationsteam von "PLAnbe" anrief, wurde deutlich, dass die Aktion unter erheblichem Zeitdruck stand. Die neuen Junghennen sollten bereits am Montag (1. Dezember) eintreffen - der alte Bestand musste vorher vollständig ausgestallt werden.

"Es war alles sehr kurzfristig", berichtet Sigrun Müller von "PLAnbe". Nach Rücksprache mit dem Veterinäramt erhielt die Aktion grünes Licht, da für den Standort des Stalls aktuell keine Stallpflicht galt. Gleichzeitig galt die Auflage, die geretteten Hennen ausschließlich in Landkreise zu bringen, in denen momentan keine Stallpflicht besteht. Dass die Rettung so dringend war, lag daran, dass die Tiere ohne diese spontane Rettung unmittelbar dem Schlachthof zugeführt worden wären. Für die Hennen gab es zu diesem Zeitpunkt keinen Zwischenschritt mehr.

Die Kuriere berichteten bereits über die Planung dieses Großeinsatzes sowie über das glückliche Leben zweier Hennen, die aus einer früheren Rettungsaktion von "PLAnbe" stammten:

Rettung aus der Dunkelheit: Wie 800 Hennen im Westerwald dem Schlachthof entkommen

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Ein ungewöhnlicher Zeitpunkt - und der erste Blick in den Stall
Sechs feste "PLAnbe"-Mitglieder und etwa 15 Helfer trafen am Samstag gegen 13 Uhr ein. "Normalerweise stallen wir nachts oder sehr früh aus, weil die Hennen dann ruhig sitzen", erklären die Tierschützer. Doch dieser Betrieb nutzte künstliche Lichtsteuerung: Schon um 14 Uhr wurde der Stall auf Dunkelheit umgestellt, damit der Bestand "schlief". Der Zeitpunkt war ungewöhnlich, aber durch die Dunkelheit praktikabel.

Als die ersten Tiere aus dem Stall geholt wurden, zeigte sich, wie stark sie gelitten hatten. Viele wiesen blutige Verletzungen an den Krallen auf. Die Tierschützer schildern: "Uns wurde gesagt, dass sie sich gegenseitig wundgepickt haben, weil sie zu eng zusammensaßen und sich aus Langeweile, Hunger, Enge und Schmerzen gegenseitig angegriffen haben."

Fast alle Hennen wirkten blass und schlecht befiedert. Bei den weißen Tieren waren die Bäuche deutlich vergrößert durch die intensive Legetätigkeit, und bei vielen braunen Hennen war die Haut rund um die Kloake stark gerötet. Das Organisationsteam von "PLAnbe" weist darauf hin, dass auch die vorausgegangene Zwangsmauser eine Rolle spielte: "Dabei wird den Tieren Licht, Futter und Wasser entzogen, um eine künstliche Mauser auszulösen. Obwohl diese Methode in der EU eigentlich verboten ist, wird sie weiterhin angewendet, da sie wirtschaftlich günstiger ist als ein vollständiger Austausch des Bestands. Für die rund 20 Monate alten Legehennen ist dies eine massive körperliche Belastung."

Erstversorgung und Verteilung der Tiere

Die auffälligen Hennen wurden vor Ort separiert, erstversorgt und später auf spezielle Pflegeplätze gebracht; bei Bedarf erfolgt die Vorstellung bei einem vogelkundigen Tierarzt. Die übrigen wurden in Transportboxen gesetzt und auf die Fahrzeuge verteilt.

Einige Tiere gelangten in umliegende Tierheime, weitere auf Lebenshöfe, viele direkt zu privaten Endplätzen. Da am Samstag nicht genügend Boxen vorhanden waren, wurde ein kleinerer Teil der Tiere am Sonntag abgeholt und ohne Zwischenstopp zu ihren neuen Haltern gebracht.

Ein großer Teil der geretteten Hennen wurde zunächst in einen leerstehenden Stall in Steinau-Ulmbach gebracht, der als Übergangsquartier diente. Die meisten dieser sogenannten "Steinauer Hennen" sind inzwischen vermittelt und werden nach und nach zu ihren Endplätzen gebracht. Für die verbleibenden rund 200 Hennen in diesem Übergangsquartier werden jedoch weiterhin passende Endplätze gesucht.

So stellt "PLAnbe" die Zukunft der Tiere sicher
"PLAnbe" betont, dass für alle Abnehmer verbindliche Kriterien gelten:
dauerhaft schlachtfreies Zuhause
täglicher Auslauf
nachts ein fuchssicherer Stall
artgerechtes Futter
Behandlung durch einen vogelkundigen Tierarzt
Euthanasie, wenn ein Tier leidet und nicht behandelbar ist

"Sie sollen endlich leben dürfen"
Viele der geretteten Hennen erleben nun erstmals Sonne, Erde unter den Füßen und genug Platz zum Scharren - ein völlig neuer Alltag für Tiere, die zuvor dicht gedrängt im Stall standen. Interessierte können über das Kontaktformular eine Anfrage zur Adoption stellen; "PLAnbe" meldet sich anschließend zurück.

"Sie sollen endlich leben dürfen", fassen die Organisatoren von "PLAnbe" zusammen. Damit dieses Ziel Wirklichkeit werden konnte, brauchte es eine kurzfristige Genehmigung, ein engagiertes Team von rund 20 Tierschützern - darunter die sechs Kernmitglieder - und die Entscheidung, an diesem Wochenende keine Minute zu verlieren.




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