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Nachricht vom 02.07.2022
Wirtschaft
Verbandsgemeindewerke testen Inliner-Verfahren für Wasserleitung
Wasserleitungen liegen rund einen Meter tief unter unseren Straßen und Gehwegen. Wenn sie erneuert werden müssen, wurde das bislang in offener Bauweise mit Gräben und Straßensperrungen gemacht. Das könnte jetzt der Vergangenheit angehören.
An der Baugrube in Niederelbert beobachteten (von links) Bürgermeister Ulrich Richter-Hopprich, der Erste Beigeordnete Andree Stein, Alexander Schultz von Rädlinger und Werkleiter Andreas Klute, wie das neue Inliner-Rohr in die unterirdische Hauptwasserleitung eingefädelt wurde.  Fotos: VG MontabaurMontabaur. Die Verbandsgemeindewerke Montabaur haben in Niederelbert erstmals eine Hauptwasserleitung mit dem so genannten Inliner-Verfahren saniert. Dabei wird ein Spezialrohr in die alte Leitung eingeschoben. Der Betriebszweig Wasserversorgung der VG-Werke setzt damit seinen Kurs zu mehr Effizienz und Modernisierung im Leitungsnetz fort.

Ein neues Rohr in die alte Wasserleitung einschieben. Was so einfach klingt, setzt allerdings ein ausgereiftes Verfahren und viel Knowhow voraus. Das zeigte die beauftragte Firma Rädlinger aus Cham bei der Inliner-Sanierung der Hauptwasserleitung, die unter dem Fußweg zwischen Süd- und Waldstraße in Niederelbert verläuft und dabei den Gambach quert. 115 Meter misst die Strecke. Am Einstiegsschacht wurde der Inliner in die alte Leitung eingeführt und mit Hilfe einer Seilwinde vorsichtig bis zum nächsten Schacht gezogen. Der Inliner sieht zunächst aus wie ein längs gefalteter Schlauch, der mit einer Schutzfolie ummantelt ist. In diesem Zustand ist das Material noch so flexibel, dass es sich gut biegen und einfädeln lässt. Liegt es einmal an Ort und Stelle, wird die Schutzfolie aufgeschlitzt und der Schlauch mit Luft aufgeblasen bis er die alte Leitung vollständig ausfüllt. Unter dem Druck versteift sich das Material, ein neues Rohr entsteht passgenau im alten Rohr. Der Inliner hat drei Schichten: Innen befindet sich ein hochwertiges Polyethylen, das den hygienischen Anforderungen für Trinkwasser entspricht, in der Mitte kommt eine Schicht aus Aramidfasergewebe, das sich versteift sobald der Inliner vollständig entfaltet ist, und außen gibt es noch eine abriebfeste Schutzschicht.

Ist der Inliner aufgestellt, wird zunächst eine Druckprobe durchgeführt, das neue Rohr mehrfach gespült und schließlich die Wasserhygiene getestet. "Bis zu 500 Meter Wasserleitung können wir so in einer Woche sanieren“ erläuterte Alexander Schultz vom technischen Vertrieb bei Rädlinger während der Vorstellung des Verfahrens. „In offener Bauweise würde das etwa 10 bis 16 Wochen dauern.“ Neben dem Zeitfaktor sind die geringeren Eingriffe in die Natur ein wesentlicher Vorteil. Zudem ist die Methode auch oft wirtschaftlicher gegenüber dem herkömmlichen Verfahren. Die Lebensdauer eines Inliner-Rohrs liegt bei etwa 50 Jahren und ist damit vergleichbar mit einer neu verlegten herkömmlichen Wasserleitung.

„Durch die kurze Bauzeit, die relativ kleinen Einstiegsschächte und die Kostenersparnis bringt das Verfahren viele Vorteile für uns als Wasserversorger und damit auch für die Bürger“, stellte Werkleiter Andreas Klute zufrieden fest. Zusammen mit Bürgermeister Ulrich Richter-Hopprich, dem Ersten Beigeordneten Andree Stein und der Ortsbürgermeisterin Carmen Diedenhoven hatte er sich die Vorführung der Firma Rädlinger in Niederelbert angesehen. Der Nachteil des Systems besteht darin, dass man die neuen Rohre nicht anbohren kann, so dass Abzweige beispielsweise für einen Hausanschluss aufwändig mit Verbindungsstücken hergestellt werden müssen. „In bebauten Ortslagen, wo unterirdisch Hausanschluss neben Hausanschluss liegt, werden wir wohl weiterhin in offener Bauweise arbeiten, wenn wir das Leitungsnetz sanieren. Aber für die Transportleitungen im Ort und über Land ist das Verfahren geeignet. Das sind in unserem Netz mehr als 90 Kilometer“, so Andreas Klute. Zusammen mit seinem Team von der Wasserversorgung und dem Planungsbüro GBI-KIG aus Montabaur hatte er das Pilotprojekt in Niederelbert vorbereitet. Zur Vorführung kamen auch viele Fachleute aus den benachbarten Verbandsgemeinden und von weiteren Planungsbüros. „Wir wollen damit im Westerwald einen Trend setzen, denn das Inliner-Verfahren wird in der Wasserversorgung hier in der Gegend noch nirgends eingesetzt. Dabei liegen die Vorteile auf der Hand“, ergänzte Büroleiterin Anja Gembus von GBI-KIG. Bei der Kanalsanierung setzen die VG-Werke schon seit vielen Jahren auf Inliner-Verfahren. Allerdings kommt hier Glasfaser-Kunststoff zum Einsatz, denn die Anforderungen an Hygiene und Druckfestigkeit sind im Kanalbau andere als in der Trinkwasserversorgung.
     
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