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Nachricht vom 21.03.2022
Region
16. März 1945: Als die Bomben auf Rennerod fielen
Niemand ahnte am frühen Morgen des sonnigen Frühlingstags im März 1945, dass große Teile der Stadt am Nachmittag in Asche und Schutt versinken würden. Als "Schwarzer Tag" sollte das Ereignis in die Geschichte von Rennerod eingehen.
Das Ausmaß der Zerstörung in Rennerod nach dem Bombenangriff. Dieses Anwesen stand in unmittelbarer Nähe von Bombeneinschlägen.  (Foto: Westerwaldverein, Repro: Willi Simon)
Rennerod. Aus dem Norden kamen die amerikanischen Bomberverbände, 32 zweimotorige Flieger. Ab 15 Uhr griffen sie den Ort an und regneten eine verheerende Bombenlast ab. Besonders schwer getroffen wurde die Einmündung der Koblenzer Straße in die Bundesstraße B 255. Im direkten Umkreis wurde nahezu alles zerstört, ein Krater tat sich auf. Wahrscheinlich sollte die angrenzende Dreschhalle getroffen werden, in der 1945 Transportwagen für die V2-Raketen zusammengebaut und repariert wurden.

Auch der Bereich um die katholische Kirche wurde zum Angriffsziel. In einem Teil der ältesten Bebauung von Rennerod wurden Gebäude zerstört. Der Kirchturm wurde getroffen und um 15.10 Uhr blieben die Zeiger der Turmuhr stehen. Nahe dem Friedhof wurde das "Boardels Haus" aus dem 17. Jahrhundert schwer beschädigt. Als alles vorbei war, wurden 34 Tote aus den Trümmern gezogen. Später erlagen noch fünf weitere Personen ihren Verletzungen.

50 Menschen wurden schwer und rund 100 leicht verletzt; 43 Häuser waren zerstört,
77 Gebäude schwer, 107 mittel und 11 leicht beschädigt oder in Mitleidenschaft gezogen. Große Mengen an Vieh- und Warenverlusten waren zu verzeichnen. Am Sonntag, dem 18. März 1945, wurden die Leichen in einem Massengrab auf dem Friedhof beigesetzt. Da nicht ausreichend Särge zur Verfügung standen, wurden einige der gefallenen Soldaten, die sich auf dem Rückzug befanden, in Zeltplanen beerdigt.

Der damalige Pfarrer Friedrich Bellm berichtete in seiner Pfarrchronik: "Bei der Gastwirtschaft Fritz Röttger konnten zwei Leichen nicht identifiziert werden, da sie völlig verstümmelt sind. Vermutlich sind es Soldaten, herumliegende Kleiderfetzen deuten darauf hin." Ein Zeitzeuge, der 88-jährige Adolf Schmidt, damals elf Jahre alt, erinnert sich: "Ich war bei meiner Großmutter, die in der Nähe der Kirche wohnt. Ich zählte die Flieger, die Bombenteppiche abwarfen. Schnell flüchtete ich mich zu Großmutter in den Keller."

Besonders traf es damals eine Familie aus Rennerod. Drei Söhne waren 1945 im Krieg gefallen, im Bombardement kamen ein weiterer Sohn, seine Schwester und auch der Vater ums Leben. Menschen verloren Angehörige, viele auch Hab und Gut, hatten kein Dach mehr über dem Kopf. Aber man rückte auch näher zusammen. Obdachlose wurden aufgenommen, andere mit dem Nötigsten versorgt. Eine Solidargemeinschaft entstand, in der man das ohnehin Wenige geteilt hat.

Von den materiellen Schäden hat sich Rennerod längst erholt. Häuser wurden repariert oder abgerissen und neue Gebäude entstanden. Einzig beim "Haus Burk" in der Hauptstraße sind noch an der Südseite im Ziegelmauerwerk Spuren von Bombensplittern sichtbar und wurden, eventuell auch zur Mahnung, nicht instandgesetzt. Die Wunden in den Seelen der Hinterbliebenen von Opfern bleiben. (Willi Simon)
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