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Nachricht vom 22.10.2021
Region
Rehe fragte nach dem "Warum?" des Kahlschlags am Rad- und Wanderweg
In einer Bürgerversammlung, bei der das Dorfgemeinschaftshaus aus allen Nähten platzte, diskutierten die Bürger über die unverhältnismäßige Abholzung zur Sanierung des Rad- und Wanderwegs. Leider konnte das "Warum?" nur unzureichend geklärt werden, denn von den Verantwortlichen war niemand anwesend.
Bei der Bürgerversammlung platzte das Dorfgemeinschaftshaus aus allen Nähten. (Fotos: Wolfgang Rabsch)Rehe. Das Thema des radikalen Kahlschlags des Rad- und Wanderwegs bei Rehe beherrscht und beschäftigt Bürger aus Rehe, aber auch aus der näheren Umgebung. (Der WW-Kurier hatte berichtet.) Um zu ergründen, aber vielleicht auch um die aufgeheizte Stimmung etwas zu beruhigen, fand im Dorfgemeinschaftshaus (DGH) von Rehe eine Bürgerversammlung statt, zu der alle Bürger, sowie Vertreter der Verbandsgemeinde Rennerod und der Kreisverwaltung eingeladen wurden. Dass diese Veranstaltung notwendig war, zeigte das übergroße Interesse daran, denn der Hauptsaal des DGH und das Foyer waren mit rund 120 Besuchern komplett gefüllt. Sogar im Keller des DGH befanden sich rund 30 Personen, die durch Übertragung der Veranstaltung nach unten live teilnehmen konnten.

Als Moderator, und teilweise auch als Mediator, konnte Bernd Schneider, Inhaber des „Hofguts Dapprich“ in der Holzbachschlucht und zudem auch Waldbesitzer, gewonnen werden. Ihm zur Seite stand Frank Ebendorff vom Naturschutz-Bund (NABU) in Hachenburg. Beiden Herren kann bescheinigt werden, dass sie kompetent und sachlich durch die Veranstaltung führten, was auch notwendig war, um aufgebrachte Bürger zu beruhigen. Vor Beginn der Versammlung erläuterte Dorothee Ospald das umfangreiche Hygiene-Konzept, und bat alle Besucher die Vorgaben zu befolgen.

Von der Verwaltung ließ sich niemand blicken
Große Verwunderung herrschte bei den Besuchern, dass weder der Bürgermeister der Verbandsgemeinde (VG) Rennerod, noch der entscheidende Mann bei der unteren Landespflegebehörde oder der zuständige Revierförster anwesend waren. In einem Schreiben des VG-Bürgermeisters, welches auszugsweise verlesen wurde, begründete dieser sein Nichterscheinen damit, dass er es sich gewünscht hätte, wenn man vor der Versammlung das Gespräch mit ihm gesucht hätte. Der Rückschnitt der Bäume sei aus Verkehrssicherungsmaßnahmen erforderlich gewesen. In diesem Schreiben bot der Bürgermeister auch Gesprächsbereitschaft an, indem er zusagte, die vier Personen, welche die Einladung an ihn unterschrieben haben, zu einem Meinungsaustausch einzuladen. Daraufhin erfolgte aus den Reihen der Besucher etwas spöttisch die altüberlieferte Weisheit „Geht der König nicht zum Volke, muss das Volk zum König gehen“.

Frank Ebendorff vom NABU erklärte, Rückschnitt müsse von Zeit zu Zeit zur Verkehrssicherung sein, aber was er hier gesehen habe, sei ein trauriger Höhepunkt und habe ihn schockiert. Hier wären sogar ökologische Straftaten begangen worden, es fiele auf, dass in anderen Gegenden in der VG Rennerod ebenfalls radikale Rückschnitte von Bäumen erfolgt wären. Zudem warf der NABU-Vertreter die Frage auf, warum es in der VG Rennerod keine Baumschutzsatzung geben würde.

Für Erstaunen sorgte bei den Besuchern, als sich der Umweltbeauftragte der VG Rennerod meldete, von dessen Existenz bislang die wenigsten etwas wussten. Der Umweltbeauftragte erklärte, dass das Fällen der Bäume aus Verkehrssicherungsgründen unumgänglich gewesen sei, da fast alle Bäume von Fäulnis befallen wären. Diese Meinung forderte großen Widerspruch heraus, weil nach dem Rückschnitt zu erkennen war, dass nur wenige Bäume hätten gefällt werden müssen. Auch Steuergelder wären verschwendet worden, als im Frühjahr die Geländer am Wander- und Radweg größtenteils erneuert worden wären, und wenige Monate später mit großem Gerät rücksichtslos zerstört wurden.

Moniert wurde aus Reihen der Bürgerschaft, dass seitens der Verwaltung keinerlei Angaben zur beabsichtigen Vergrößerung des Weges erfolgten, Sanierungsarbeiten am Rad-Wanderweg hätten auch mit kleinerem Gerät durchgeführt werden können. Die Meinung, dass die Verwaltung mit „einem Bein im Gefängnis stehe“, wenn sie nicht-ordnungsgemäße Verkehrssicherungen durchführt, erzeugte nur ungläubiges Staunen. Ein enttäuschter Bewohner hatte einen Vorschlag für die Zukunft: „Anstatt durch die Einöde nach dem Fällen der Bäume zu radeln, kann ich mich auch auf meinen Hometrainer setzen.“ Es wurde auch der Vorwurf der „Selbstherrlichkeit“ erhoben, zudem halte man wohl in der VG Rennerod nichts von einer Bürgerbeteiligung, so entstehe Politikverdrossenheit, wenn nur von „oben“ herab entschieden würde.

Ein weiterer Bürger fühlte sich „veräppelt“, wenn von Verkehrssicherheit gesprochen würde, der Weg aber nicht abgesperrt sei, zudem an etlichen Stellen 15 Zentimeter lange Nägel aus dem Holz des zerstörten Geländers herausragten. „Warum soll eine Verbreiterung des Weges erfolgen?“ „Soll hier eine Rad-Autobahn entstehen?“ Diese und weitere Fragen kamen auf, denn mit der bisherigen Breite konnten alle gut leben – dank gegenseitiger Rücksichtnahme von Radfahrern und Wanderern. Eine Bewohnerin beklagte, dass für sie die Bäume etwas Meditatives und Erholsames gehabt hätten, wenn sie unter dem Kronendach spazieren gegangen sei. Ein anderer Bewohner schlug vor, die schönen Fotos vom alten Zustand des Rad- und Wanderwegs bei der Touristik-Info der VG und in Prospekten zu entfernen, und durch die aktuellen Fotos nach dem Kahlschlag zu ersetzen.

Dem Argument des Umweltbeauftragten, die Baumstümpfe würden innerhalb kurzer Zeit wieder austreiben und für Begrünung sorgen, erzeugte nur Kopfschütteln. Für Beifall sorgte die Feststellung eines Besuchers, dass die Naturschutzbehörde und das Forstamt nicht im Sinne des Naturschutzes gehandelt hätten, und sogar gesunde Bäume, die fünf Meter vom Wegrand entfernt standen, beseitigen ließen.

Bernd Schneider fasste zum Ende der Bürgerversammlung die Forderungen der Bürger zusammen:
Keine Verbreiterung des Rad- und Wanderwegs, da dieser mehrfach geschottert ist.
Sofortiges Anpflanzen von neuen Bäumen vor dem Winter und klare Signale an die Verwaltung.
Nicht nur von Bürgerbeteiligung zu reden, sondern diese auch zu praktizieren.

Der Moderator sagte zu, die Sorgen der Bürger bei der Verwaltung vorzutragen. Als kleine Belohnung für die kompetente Leitung einer nicht einfachen Versammlung wurde er am Ende mit viel Beifall bedacht. (Wolfgang Rabsch)


Das nachstehende Video, das den Rad- und Wanderweg vor und nach den Fällarbeiten zeigt, wurde uns freundlicherweise von Bürgern aus Rehe zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt.


 
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