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Nachricht vom 22.09.2021
Wirtschaft
Nachhaltig leben, aber wie? Konkrete Tipps für den Alltag
Der Begriff Nachhaltigkeit begegnet uns jeden Tag und wird mitunter inflationär benutzt. Es gibt nachhaltige Produkte, nachhaltige Dienstleistungen und nachhaltige Verhaltensweisen. Doch was steckt eigentlich dahinter, was kennzeichnet Nachhaltigkeit im Kern? Wer die Prinzipien und Grundsätze verinnerlicht hat, kann sich praktisch in jedem Bereich gegen oder für den nachhaltigen Weg entscheiden - oder einen Mittelweg finden.
Flohmärkte in der Nachbarschaft oder im Internet sind wahre Nachhaltigkeits-Fundgruben. Foto Quelle: <a href=https://pixabay.com/de/photos/kleider-flohmarkt-kleiderb%c3%bcgel-3697374/ target=_blank rel=nofollow>pixabay.com</a> © <a href=https://pixabay.com/de/users/meineresterampe-26089/ target=_blank rel=nofollow>meineresterampe</a> (CC0 Creative Commons)Das Credo der Nachhaltigkeit: Ressourcen schonen
Wir alle müssen die gemeinsamen Ressourcen schonen und dafür sorgen, dass unsere individuellen Bedürfnisse und die damit im Zusammenhang stehenden Aktivitäten die vorhandenen Kapazitäten der Erde nicht mehr übersteigen. Das ist eine schwierige Aufgabe, weil wir Menschen nicht nur bildlich gesprochen seit Jahren über die Stränge schlagen. Das ausufernde Konsumverhalten lässt sich sogar in Zahlen ausdrücken. Der WWF hat festgestellt, dass der Welterschöpfungstag in den letzten Jahren jeweils im August lag. Im Jahr 2021 lag er bereits auf dem 29. Juli. Das bedeutet, dass wir die Ressourcen unserer Erde bereits fünf Monate vor Ablauf eines Jahres ausgeschöpft haben und “auf Pump“ konsumieren.

Die Zahlen sind alarmierend, denn die Entwicklung schreitet sichtlich voran. Wer einen Blick in die Vergangenheit wirft, stellt fest, dass sich der Welterschöpfungstag in den letzten vierzig Jahren Stück für Stück nach vorne verlagert hat. Waren die Ressourcen der Erde 1981 “erst“ am 11. November erschöpft, verschob sich das Datum im Jahr 2001 bereits auf den 9. Oktober. Mit Ausnahme des Pandemie-Jahres 2020, das aus Sicht der Umwelt eine Verbesserung um 3 Wochen zeigte – der Welterschöpfungstag im Jahr 2020 lag auf dem 22. August – verbrauchen wir alle viel mehr Energie, als die Erde uns bieten kann. Eigentlich müsste die Erde 1,7-mal so groß sein, um unseren ständig wachsenden Energiehunger zu stillen.

Welterschöpfungstag Deutschland: German Overshoot Day
Deutschlands Overshoot Day 2021 lag sogar bereits auf dem 5. Mai. Das bedeutet, wenn jeder auf der Welt so leben würde wie wir in Deutschland, läge der Welterschöpfungstag bereits auf dem 5. Mai. Unser Lebensstil, den wir für völlig normal halten, ist es aus Sicht des Energieverbrauchs nicht. Wir liegen im weltweiten Vergleich auf Platz 15 mit der Tendenz, vor uns liegende Ländern wie Irland, Niederlande oder Russland einzuholen. Einsame Negativ-Spitzenreiter sind die Länder Qatar und Luxemburg, deren Country Overshoot Days 2021 am 9. Februar (Qatar) und am 15. Februar (Luxemburg) liegen.

Zeit zum Handeln – aber wie?
Viele Menschen haben erkannt, dass Zeit zum Handeln ist. Es bilden sich Initiativen, die unter dem Hashtag #movethedate zu Aktivität aufrufen. Es gibt Workshops, etwa zu den großen Themen Mobilität, Ernährung oder Bekleidung. Die Aktionen auf der Metaebene sind wichtig, doch wer sofort im Alltag etwas besser machen will, kann diese bereits mit wenig Aufwand tun und praktisch jederzeit starten.

Selbst eingreifen und auf die Konsumbremse treten
Um den Termin des Welterschöpfungstags wieder mindestens auf den 31.12. eines Jahres oder – noch besser auf einen Termin im Folgejahr zu verschieben, braucht es aktives Engagement im Alltag von jedem einzelnen. Genauso wie jede kleine unnötige Belastung der Umwelt ihre Konsequenzen hat, hat jedes Weglassen ebenfalls messbare Auswirkungen. Jeder Beitrag zählt und ist ein Schritt in die richtige Richtung. Was können Verbraucher im Alltag tun, um die Ressourcen aktiv zu schonen? Die folgenden 6 Tipps zeigen wirkungsvolle Ansätze aus dem alltäglichen Konsumbereich, die jeder Verbraucher anwenden kann.

1. Gebraucht statt neu
Jahr für Jahr produzieren wir Millionen Tonnen Müll, von denen sich ein großer Teil vermeiden ließe. Gegenstände müssen nicht unbedingt entsorgt werden. Sie lassen sich z. B. verkaufen oder verschenken, damit sie von anderen weiter genutzt werden können. Gleichzeitig gilt, dass bei jeder Anschaffung die Frage "gebraucht oder neu?“ geprüft werden sollte. Etwas gebraucht zu kaufen hat zudem zwei weitere Vorteile: Es schont den Geldbeutel und ermöglicht mehr Luxus im Leben, weil so besonders teure Produkte erschwinglich werden. Ob Technik, Mode, Sportausrüstung oder Bücher: Der Second-Hand-Gedanke ist rundum nachhaltig und wirkt sofort.

Beispiel:
Zur Herstellung einer Durchschnitts-Jeans wird Baumwolle eingesetzt. Die Bewässerung der Baumwollpflanzen, die zur Herstellung einer einzigen Jeans benötigt werden, verschlingt zwischen 6.000 und 10.000 Liter Wasser. Aus der Baumwolle wird Garn hergestellt, die Stoffe werden gewebt und später vernäht. Diese Prozesse erzeugen C02, welches in die Atmosphäre abgegeben wird. In der Jeansproduktion werden abhängig vom Verfahren Färbemittel, Bleichmittel und weiter Chemikalien genutzt, die in den Produktionsstätten in China oder Bangladesch ungereinigt in die Flüsse gelangen. Die fertigen Jeans werden mit Frachtschiffen nach Europa transportiert, die die Luft und das Wasser mit Schwefeloxiden, Feinstaub, Stickoxiden und Ruß belasten. Und damit ist das Ende noch nicht erreicht. Die Präsentation der Ware in den Stores verursacht weitere C02-Belastungen, die Shoppingtour von Endverbrauchern ebenfalls.

Wer sich dazu entschließt, statt einer neuen Jeans ganz einfach eine gebrauchte zu kaufen, verhindert die Verschwendung von mindestens 6.000 Litern Wassern und reduziert aktiv den Ausstoß von einigen Tonnen CO₂, Feinstaub, Stickoxiden und andere Schadstoffe.


2. Nachhaltig produzierte Lebensmittel essen
Wer sich gesund von nachhaltig produzierten Lebensmitteln ernährt, lebt ressourcenschonend. Die Basis der nachhaltigen Ernährung besteht aus viel Gemüse und wenig Fleisch, welches beides in Bioqualität produziert wird. Dass es aus Umweltsicht sinnvoll ist, Obst und Gemüse aus heimischen Anbau, am besten zur Saison zu kaufen, liegt auf der Hand. Hierzu hat das Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz INRES der Universität Bonn die Energiebilanz und den CO2-Fußabdruck in der Nahrungskette explizit überprüft. Das Institut rechnet in Megajoule, kurz MJoule oder MJ genannt. Joule ist die grundlegende Energieeinheit, 1 Megajoule entspricht 1000 Joule.


Beispiel: Ein Kilogramm Äpfel aus Neuseeland benötigen 6,3 MJoule Primärenergie, bis es vom Verbraucher eingekauft wird. Ein Kilogramm regional angebauter Äpfel aus Deutschland hingegen verbraucht 4,4 MJoule. Dazwischen liegt eine Differenz von 1,9 MJoule.

Das Institut hat weiter festgestellt, dass die Mitverantwortung des Konsumenten in Sachen Klimaschutz beim Einkaufen bei 26 % liegt. Das entspricht in diesem Zusammenhang einem Wert von 1,15 MJoule. Dieser ergibt sich aus der Benutzung eines Pkws für die Einkaufsfahrt. Fazit: Wer zu Fuß, mit dem Rad, per ÖPNV oder mit einer Fahrgemeinschaft den Einkauf von 1 kg Äpfel aus regionalem Anbau erledigt, kann somit 3,05 MJoule sparen. Dies entspricht 0,84 kWh. Damit lassen sich 42 Stunden lang am Laptop arbeiten, 50 Minuten lang die Haare föhnen oder 60 Tassen Kaffee kochen.

Fazit: Messbare Folgen für Umwelt, Geldbeutel und Gesundheit
Die beiden herausgegriffenen Beispiele sollen zeigen, dass bereits kleine Änderungen im Verbrauchsverhalten eine große Wirkung zeigen. Die Beispiele lassen sich auch auf andere Bereiche wie Mobilität, Kommunikation, Freizeit, Reise oder Beruf übertragen. Es ist für jeden einzelnen nicht schwer, einen nachweislich effektiven Beitrag zu leisten, der den Welterschöpfungstag ein gutes Stück weit nach hinten rückt. Die Konsequenzen sind effektiv und machen sich bemerkbar, oftmals sogar in mehrfacher Hinsicht. Ressourcen zu schonen bedeutet nicht nur, dass die Umwelt entlastet wird, sondern gleichzeitig bleibt mehr Geld in der Haushaltskasse und wir leben gesünder. (prm)

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