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Nachricht vom 30.06.2021
Politik
„Neustart Kultur“ mit Jürgen Hardeck bot Perspektiven
Veranstalter Hendrik Hering begrüßte bei der Video-Konferenz "Mittwoch digital" den neu ernannten Kultur-Staatssekretär Professor Jürgen Hardeck. Der Westerwälder war jahrzehntelang Kulturschaffender in Hachenburg und ist Geschäftsführer des Kultursommers Rheinland-Pfalz. Auch in seiner neuen Funktion will er der Westerwälder Kulturszene helfen.
Im Hachenburger Burggarten finden kulturelle PICKNICKs statt. Foto: Helmi Tischler-VenterRegion. Hering stellte fest, dass die Kulturszene am meisten unter der Pandemie gelitten habe und eine gute Unterstützung wichtig sei, weil „wir eine vielfältige freie Kulturszene brauchen, um die Gesellschaft zusammenzuhalten.“ Der Wert von Kulturveranstaltungen wurde durch ihren Verlust erkannt.

An dieser Stelle setzt das neue Programm des Bundes „Neustart Kultur“, das am 15. Juni 2021 an den Start gegangen ist, mit einem erheblichen Finanzvolumen ein. Die gesunkenen Inzidenzzahlen machen wieder mehr möglich, aber immer noch mit Einschränkungen, sodass wegen reduzierter Besucherzahlen manche Veranstaltungen unwirtschaftlich bleiben.

Hardeck wies darauf hin, dass man im letzten Jahr schon ganz gut habe helfen können. Im vergangenen Sommer haben zwei Drittel der geplanten Kultur-Sommer-Veranstaltungen stattgefunden. In anderen Bereichen seien die Hilfen schwieriger gewesen. Mit einem Sonderfonds für Kulturveranstaltungen sei ein eigenes Landeshilfsprogramm erstellt worden.

Seit dem 15. Juni ist die Registrierung möglich für Veranstaltungen ab dem 1. Juli 2021. Für eine zweiteilige Hilfe wurden vom Bundesfinanzministerium 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Ein Teil dient der Aufstockung von entgangenen Eintritts-Einnahmen durch verminderte Teilnehmerzahlen, der zweite Teil ist eine Ausfall-Versicherung, wenn zum Beispiel Veranstaltungen ausfallen, weil ein Hauptdarsteller an Corona erkrankt ist. Ausnahmen sind kommunale Festivals, für die die Ausfall-Versicherung nicht greift. Von den 2,5 Milliarden erhält Rheinland-Pfalz fünf Prozent, das sind 125 Millionen.

Umgesetzt wird der Sonderfonds des Bundes über die Kulturministerien der Länder. Die dortigen Kulturbehörden oder andere beauftragte Stellen sind zuständig für die Prüfung und Bewilligung der Anträge. Hardeck weiß: „Es sind sehr viele Details und unterschiedliche Zielgruppen zu beachten. Jeder einzelne Vorgang wird bei uns entschieden.“

Die Registrierung der Anträge erfolgt über eine Internetplattform sonderfonds-kulturveranstaltungen.de, die von der Freien und Hansestadt Hamburg für alle Länder betreut wird. Um Rückfragen von Veranstalterinnen und Veranstaltern beantworten zu können, ist eine telefonische Service-Hotline der Länder unter der Telefonnummer 0800 6648430 geschaltet. Das Land Nordrhein-Westfalen organisiert den Aufbau und die Betreuung dieser bundeseinheitlichen Hotline.

Ab August sollen wieder Veranstaltungen mit 1.000 Besuchern möglich sein, ab September mit mehr als 5.000 Besuchern (wie zum Beispiel „Rock am Ring“).

Die Hachenburger Kino-Betreiberin Karin Leicher bestätigte, Kinos hätten Hilfen erhalten und damit manche Neuerungen vornehmen können. Sie freute sich insbesondere über die Bestätigung, dass gemäß Paragraph 14 der Verordnung am 1. Juli alle Kinos ohne Testpflicht öffnen können.

Der Selterser Bürgermeister Rolf Jung wies darauf hin, dass seine Stadt allen Mitbürgern, auch finanziell schwächeren, Kulturgenuss ermöglichen will und daher keine Eintrittskarten verkauft, sondern Geld im Hut einsammelt. In der Regel decke die freiwillige Spende 30 bis 40 Prozent der Kosten, den Rest trage die Stadtkasse. Da die Bundesregierung grundsätzlich von Eintrittsgeldern ausgeht, steht der Stadt keine Finanzhilfe zu. Professor Hardeck versprach Hilfe bei der Suche nach einer kreativen individuellen Lösung.

Alfred Labonte, Vorsitzender des Chorverbandes Westerwald, äußerte seine Bedenken, dass die Chöre erst vor Weihnachten oder im nächsten Jahr wieder Konzerte planen können und Ende des Jahres der Geldtopf leer sein könnte. Auch sei die Jugendarbeit weggebrochen, dafür sei nun Geld nötig. Kultur sozialisiere, die Ausübung von Laienkultur sei psychische Gesundheitsförderung.

Hardeck antwortete, das Land arbeite an Hilfen für Vereine, die in Existenznot geraten sind, auch an Hilfe für Chöre und Musikvereine. Man unternehme gemeinsame ergebnisoffene Anstrengungen, um herauszufinden, was das Land an Kultur braucht. Es solle ein Kultur-Entwicklungsplan erarbeitet werden, um der Kultur ihren Stellenwert zurückzugeben: „Kultur ist das Salz in der Suppe, das ist bei Vielen nicht so im Bewusstsein.“

Christoph Bautz vom Landesverband der Freien Darstellenden Künste stellte fest, die Landes-Förderprogramme hätten für die Künstler gut funktioniert, nun müsse es wirklich losgehen. Bautz und Hardeck sehen beide das Problem, dass viele Veranstalter, insbesondere Schulen, momentan noch nicht buchen, weil das Vertrauen noch nicht da ist. Hardeck nannte einige positive Beispiele für gelungenen Kulturstart: Kultursommer Burggarten-Picknicks, Kulturverein Montabaur, Veranstaltungen der Glockenspitze und andere. Es werde im Sommer wieder viel Kunst gemacht, in der Hoffnung, dass es im Herbst/Winter keine vierte Welle und Lockdown geben wird.

Hering appellierte an die Veranstalter, sich Gedanken zu machen, was stattfinden kann. Auch die Kommunen und den Kreis sieht er in der Verantwortung, eine Vielzahl von Kultur-Veranstaltungen im Westerwald möglich zu machen. Das Kulturförderprogramm solle genutzt werden.

Weitere Informationen, FAQ und Registrierung von Anträgen unter sonderfonds-kulturveranstaltungen.de.

Telefonische Service-Hotline 0800 6648430 oder E-Mail an service@sonderfonds-kulturveranstaltungen.de. (htv)
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