WW-Kurier
Ihre Internetzeitung für den Westerwaldkreis
Nachricht vom 17.06.2021
Region
Zum 150-jährigen Geburtstag eines Natur- und Geschichtsdenkmals
Die Friedenslinde auf dem Markt zu Hachenburg erinnert an das Ende des Deutsch-Französischen Krieges und die Reichsgründung 1871. Das Altertümchen und Naturdenkmal muss gepflegt werden.
Hachenburg, Alter Markt mit Friedenslinde (um 1905). Foto: Stadt-Archiv Hachenburg, BildarchivHachenburg. Vor 150 Jahren, am 16. Juni 1871 wurde im amtlichen Kreisblatt auf das für den 18. Juni terminierte „Friedensfest zu Hachenburg“ verwiesen. „In Verbindung mit der von S[eine]r Majestät dem Kaiser und König angeordneten kirchlichen Feier wird“, wie der Ankündigung zu entnehmen ist, „am Jahrestag der Schlacht von Waterloo in hiesiger Stadt ein allgemeines Friedensfest gefeiert“.

Das umfangreiche Programm begann am Vorabend mit einem Umzug mit Musik und Böllerschießen sowie dem Geläut der Glocken. Am Festtag wurden die Hachenburger Bürger bereits um 5 Uhr morgens durch Böllerschießen und Glockenschlag geweckt. An den feierlichen Festgottesdienst schloss sich mittags der Festumzug an, der vom Unteren Schlosshof am Burggarten vorbei zum Marktplatz führte. Begleitet von drei Musikcorps, der Schuljugend, den Ehrenjungfrauen erreichten der Festausschuss sowie die aus dem Deutsch-Französischen Krieg zurückgekehrten Veteranen, Gemeinderat, Gesangverein, Vertreter der Staatsbehörden sowie die übrigen Teilnehmer zusammen mit dem Wagen, auf dem sich die vor der Katharinenkirche zu pflanzende Linde befand, den Markt. Um 14 Uhr erfolgte schließlich das Pflanzen der „Friedenslinde“, begleitet von einer Festrede und verschiedenen Ansprachen. Im Anschluss an den Festakt folgte der Zug in den Burggarten, wo die Teilnehmer zu „geselliger Unterhaltung“ bei „Musik, Gesang“ und versorgt mit ausreichenden Vorräten an Getränken den Tag ausklingen lassen konnten. Abends luden drei Gastronomiebetriebe zu festlichen Bällen ein. Die Bewohner Hachenburgs wurden angehalten, ihre Häuser zu beflaggen und „festlich zu bekränzen“.

Im Jahr 1871 fanden nicht nur in Hachenburg sondern in zahlreichen anderen Orten patriotisch geprägte Festveranstaltungen mit der Pflanzung von Friedenslinden statt. Die Festivitäten sind im Kontext der Gründung des Deutschen Reiches 1870/71 nach dem Sieg Preußens über die Franzosen im Deutsch-Französischen Krieg zu sehen. Fünf Monate vor dem Gedenkfest in Hachenburg war am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles der preußische König zum Kaiser des neuen „Deutschen Reiches“ proklamiert worden. Die Linde, bereits von Germanen und Slawen als „heiliger Baum“ vererhrt, diente seit dem Mittelalter an zentraler Stelle in zahlreichen Orten gepflanzt als Ort der dörflichen Rechtsprechung (Gerichtslinde) und der Geselligkeit (Tanzlinde). Darüber hinaus wurden in der Frühen Neuzeit nach kriegerischen Ereignissen Friedenslinden gepflanzt, so zum Beispiel nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648). Die Mehrzahl der noch erhaltenen Friedenslinden erinnert an den Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 und die damit verbundene Entstehung des Deutschen Kaiserreiches (1870/71-1918). Seit dem 11. Oktober 1985 als schützenswertes Naturdenkmal ausgewiesen, hat die markante Linde auf dem Hachenburger Markt auch als ein wichtiges Geschichtsdenkmal zu gelten.

Arbeiten um die Linde abgeschlossen
Ob als Kletterbaum in jüngeren Jahren, als Schattenspender oder Fotomotiv, für die Stadt Hachenburg ist die alte Linde vom Alten Markt nicht mehr wegzudenken. Damit die markante Linde auch zukünftig das Bild des Marktplatzes prägt, wurde erst kürzlich die Bodenplatte rund um den Baum geöffnet und neugestaltet. Durch die heißen Sommer der letzten Jahre musste regelmäßig Totholz aus der Linde entfernt werden. Dies lässt sich auf die zu geringe Menge an Wasser zurückführen, welches durch die fest versiegelte Bodenplatte kaum versickern konnte. Während der Bauarbeiten konnte festgestellt werden, dass die Wurzeln der Linde zentimetertief mit Beton umschlossen waren und eine Aufnahme von Wasser demnach nur durch tiefere Wurzeln noch möglich war. Das Freilegen des Natursteinpflasters in unmittelbarer Umgebung soll dem zukünftig gegenwirken. Durch den Einbau eines Drainageschlauchs kann die Linde zudem in besonders trockenen Phasen mit zusätzlichem Wasser versorgt werden. Durch diese Maßnahmen kann sichergestellt werden, dass die Linde auf dem Marktplatz zum einen noch viele weitere runde Geburtstage feiern kann, aber auch weiterhin ein Wahrzeichen des Alten Markts in Hachenburg bildet. (PM)
   
Nachricht vom 17.06.2021 www.ww-kurier.de