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Wirtschaft | Gastartikel


Nachricht vom 19.04.2022    

Gaming: Lehrreich oder reine Zeitverschwendung?

Ist es sinnvoll, Zeit mit Videospielen zu verbringen? Oder verschwendet man seine Zeit mit Gaming? Mit dieser Frage setzen sich Medien und Forschende an Universitäten immer wieder auseinander. Die Fronten scheinen verhärtet. Gamer fühlen sich angegriffen. Kritiker befürchten, dass Gaming negative Effekte nach sich ziehen könnte.

Foto Quelle: pixabay.com / vic_b

Jedes Hobby ist Zeitverschwendung
Zuallererst ist festzuhalten: Natürlich sind Videospiele Zeitverschwendung. In einer kapitalistisch geprägten Welt ist jede Beschäftigung, die nicht produktiv ist – sprich kein Einkommen erzeugt – sinnlos. Am Ende des Tages ist es allerdings eine philosophische Frage, die jeder Mensch für sich beantworten muss.

Ist Produktivität das einzige Ziel im Leben? Oder ist es dem Menschen auch erlaubt, sich sinnlos zu vergnügen und schlicht Spaß zu haben? Würde man ein Ranking der Hobbys erstellen, würde Gaming – ob im Casino online oder am PC – sehr wahrscheinlich über dem Fernsehen rangieren. Schließlich ist Fernsehen ein passives Hobby, während Gaming aktive Eingaben und manchmal sogar Gehirnschmalz erfordert.

Zu viel Spielen ist ungesund
Definitiv nicht zu empfehlen ist es, sich nur dem Gaming hinzugeben. Jeden Tag 14 Stunden den Charakter bei World of Warcraft zu verbessern, ist ungesund. Exzessives Spielen befördert eine Computerspielsucht. Wie bei anderen Süchten besteht die Gefahr, andere Lebensbereiche zu vernachlässigen, zu vereinsamen, finanzielle Einbußen zu erleiden. Im Sinne der Work-Life-Balance ist es deshalb sinnvoll, auch Freizeitaktivitäten auszutarieren. Schließlich geht es auch dabei darum, verschiedene Leben sinnvoll in Einklang zu bringen.

Nicht einwandfrei geklärt ist, ob Videospiele prinzipiell schädlich für das Gehirn sein könnten. So gab es 2017 zwei Studien, die einander widersprachen. Während die Medizinische Hochschule Hannover keinen Unterschied zwischen Spielern und Nicht-Gamern ausmachen konnte, kam die Uni Ulm zu einem gänzlich anderen Schluss: Sie will bei Gamern einen Rückgang des Hirnvolumens festgestellt haben. Bereits eine Stunde täglich mit Online Spielen soll ausreichend sein, um diesen Effekt herbeizuführen.

Videospiele können lehrreich sein
Dass Videospiele lehrreich sind, beweist Serious Games seit Jahren. Die Addy Spiele haben Anfang der 2000er Jahre Lerninhalte für Kinder spielerisch vermittelt. Auf der PlayStation werden Spieler seit 2020 in einer Sandbox ans Programmieren herangeführt. Ohne Programmiersprachen können kreative Geister hier eigene Welten aus dem Boden stampfen und vollständig spielbare Games entwickeln.

Auch herkömmliche Videospiele erfüllen manchmal eine lehrende Funktion. Die Assassin’s-Creed-Spiele von Ubisoft bauen seit dem ersten Teil bekannte Städte und Regionen aus der Vergangenheit nach. Bei Assassin’s Creed Origins hat Ubisoft erstmals die Discovery Tour verbaut und diese auch im Nachfolger Odyssey implementiert. Die Discovery Tour unterscheidet sich vom Hauptspiel und bringt Interessierten das alte Ägypten und antike Griechenland näher.

Gaming fördert die Augen-Hand-Koordination
Wii Sports hat Jung und Alt 2006 sportliche Betätigung spielerisch schmackhaft gemacht. 2019 setzte Nintendo den Kurs mit dem Ring Fit Adventure nahtlos fort. Zusammen mit der Cartridge, auf der das Spiel gespeichert ist, liefert Nintendo einen Bein-Gurt und einen Pilates-Ring. Beides wird benötigt, um die Kurse zu meistern und Erfahrungspunkte zu sammeln. Um das sportliche Adventure entspinnt sich eine amüsante Geschichte, die den Spieler zu neuen Höchstleistungen antreibt.

Klassische Jump ’n Runs wie Crash Bandicoot oder Cuphead sind zudem förderlich für die Augen-Hand-Koordination. Bei diesem Genre muss der Spieler häufig Abgründe überwinden, Gegnern oder gegnerischen Geschossen ausweichen und vorausdenkend handeln. All das erfordert eine Feinmotorik, die langjährige Gamer seit Super Mario Bros. zur Perfektion ausgebildet haben.

Spiele können die Kreativität fördern
Das wohl bekannteste kreative Spiel der letzten Jahre ist Minecraft. Die Welt von Minecraft besteht aus gleichförmigen Blöcken und lässt sich wie ein Lego-Satz komplett aus den Angeln heben. Auf Servern finden sich die Spieler teilweise zu irrwitzigen Großprojekten zusammen. Beispielsweise hat es sich eine Gruppe von Spielern zur Aufgabe gemacht, New York City nachzubauen, Stein für Stein. Auch das Raumschiff Enterprise lässt sich in Detailpracht bestaunen. Sogar ein funktionierender Computer wurde allein mit Minecraft-Blöcken gebaut. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.

Weniger ein Spiel ist der RPG Maker. Bereits seit 1992 macht es das Programm Spielern einfach, eigene RPG-Welten entstehen zu lassen. Vor allem in den 2000er Jahren war der RPG Maker sehr beliebt. In Communitys tauschen sich die Spieler aus, wie man am besten ein Kampfsystem baut, eine Geschichte erzählt, oder den Spieler etwa mit Jump-Scares erschrecken kann. Anders als bei Programmiersprachen sehen die Anwender bei der Nutzung des RPG Makers schnell Erfolge.

Gaming schweißt zusammen
Nach der Schulzeit und insbesondere nach Umzügen oder Jobwechseln verlieren sich Freunde aus den Augen. Oder man lernt online Freunde kennen, die von Anfang in einer anderen Stadt wohnen als man selbst. Videospiele sind eine Alternative zu Brettspiel-Abenden, um den Kontakt nicht abebben zu lassen.

Umgekehrt können Spieler durchs Gaming auch neue Kontakte knüpfen. Die meisten Multiplayer-Spiele haben ein Matchmaking-System, sodass ein Spielen im Mehrspieler-Modus ohne Freunde unproblematisch möglich ist. Häufig ist es erforderlich, mit seinen Gefährten zu kommunizieren und Absprachen über das weitere Vorgehen zu treffen. Mit der Zeit können aus den Online-Bekanntschaften richtige Freundschaften erwachsen.

Computerspiele schulen soziale Kompetenzen
Onlinespiele wie League of Legends oder Dota 2 setzen voraus, dass das Team gut miteinander kommuniziert. Je besser sich ein Team abspricht, desto höher die Erfolgsaussichten. Oft kristallisieren sich hier Stärken der einzelnen Spieler heraus. Dies ist auch bei Profi-Teams immer wieder zu beobachten. Bei League of Legends zum Beispiel gibt es einen Shot-Caller. Dies ist im Grunde der Entscheider, der die Lage überblickt und grob vorgibt, wie zu handeln ist.

Selbst in niederrangigen Matches hat der Shot-Caller eine enorme Bedeutung. Ohne einen Chef läuft die Action schnell aus dem Ruder, weil zwei oder drei Spieler ihre eigenen Pläne verfolgen. Am Ende leidet das Team, und der Gegner hat eine Chance, aufzuschließen. Gleichrangig zum Shot-Caller ist es sinnvoll, Mitglieder im Team zu haben, die Ruhe hineinbringen. Am wichtigsten ist jedoch, dass das Team harmoniert und niemand das Gefühl hat, zurückzustehen. Gerade junge Spieler können daraus essenzielle Lehren ziehen – für das weitere Spielen im Koop wie auch für das Leben im Allgemeinen.

Lehrt, mit Misserfolgen umzugehen
Bei Videospielen sind Wut und Frustration oft unausweichlich. Herausfordernde Spiele wie Sekiro und Super Meat Boy können sogar ruhige Gemüter zur Weißglut treiben. Das Gefühl selbst lässt sich schwerlich aufhalten – allerdings entscheidet der Spieler, was er mit dem Gefühl anstellt. Da fliegt in manchen Wohnungen der Controller oder die Maus flugs gegen die Wand. Oder man fühlt sich verpflichtet, den Gegner nach einer wohlverdienten Niederlage fies zu beleidigen.

Die meisten Spieler begreifen, wie unsinnig ihr Handeln ist und lernen, mit ihren Gefühlen intelligenter umzugehen. Oder man hilft ihnen dabei. Die meisten Onlinespiele haben ein Feature, um zum Beispiel Beleidigungen zu melden. Wer beleidigt, fliegt – zumindest für kurze Zeit ist der Account gesperrt. Zeit für den Spieler, in sich zu gehen und das eigene Sozialverhalten zu überdenken.

Computerspiele können auch das Mindset schärfen. Statt nach einer verlorenen Hearthstone-Partie das unverschämte Glück des Gegners zu monieren, kann es ratsam sein, die Kartenschlacht noch einmal im Kopf durchzugehen. Gab es eine Möglichkeit, das Spiel zu einem früheren Zeitpunkt zu beenden? Hat man den Gegner womöglich zurück ins Spiel gelassen, weil man schon fest mit dem Sieg gerechnet hatte?

Geklärt: Gaming ist ein sinnvoller Zeitvertreib
Videospiele sind ein facettenreicher Zeitvertreib, dem sich allerlei positive Effekte zuschreiben lassen. Um zu verhindern, dass eine Computerspielsucht entsteht oder andere Lebensbereiche zu kurz kommen, sollte man das Hobby regulieren. Eltern sollten darauf achten, dass die Kinder auch anderen Freizeitbeschäftigungen nachgehen. Erwachsene wiederum müssen den Eskapismus zähmen. Dann ist Gaming definitiv keine Zeitverschwendung, sondern ein fantastisches Hobby, bei dem man zuweilen sogar etwas lernen kann. (prm)

Agentur Artikel



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