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Nachricht vom 16.02.2017
Region
Einwohnerversammlung in Hachenburg ließ viele Fragen offen
Die von der Stadt Hachenburg angesetzte Informationsveranstaltung zum Thema „Moscheebau in Hachenburg“ blieb auch nach dem Ende der Zusammenkunft spannend. Langatmige Statements der Hachenburger Verwaltung und unverbindliche Absichtserklärungen der hochkarätigen Vertreter der Ditib-Gemeinde bestimmten den vorgegebenen Zeitplan der mit Spannung erwarteten „offenen Aussprache“. Das abrupte Ende der Versammlung wurde verkündet, bevor die Fragen überhaupt beantwortet wurden und eine Auseinandersetzung eigentlich erst begonnen hatte.
Zu viele Fragen der Bürgerschaft zum geplanten Bau des Ditib-Kulturzentrums in Hachenburg blieben unbeantwortet. Stadtbürgermeister Karl-Wilhelm Röttig (links) brach die Versammlung unvermittelt ab. Fotos: Reinhard PanthelHachenburg. Es war schon zu Beginn erkennbar, dass es für den eigens engagierten Moderator nicht leicht sein werde, eine Versammlung zu dem angeheizten Thema zu einem für alle beteiligten Versammlungsteilnehmer befriedigenden Ergebnis zu führen. Dem ausgewählten Podium mit Bürgermeister Peter Klöckner, Stadtbürgermeister Karl-Wilhelm Röttig, Ortsvorsteherin Anne Nink und den sachkundigen Ditib-Vertretern aus Bund und Land, die versuchten die Interessen der muslimischen Gemeinde Hachenburg als Bauherrn zu vertreten, standen natürlich eine große Zahl von fragenden Bürgern aus Hachenburg und Umgebung gegenüber.

Aber, wie nicht anders zu erwarten, auch eine Gruppe von politisch Andersdenkenden, die zunächst alle geduldig zuhörten, sich zum Ende der Veranstaltung jedoch lautstark zu Wort meldeten und für ein spontanes Ende der Fragestunde sorgten.

Der Ditib-Generalsekretär Bekir Alboga, die zweite Vorsitzende des muslimischen Landesfrauenverbandes, Aysegül Bekar, der in Hachenburg lebende Mehmet Aydin und Kenan Levent bemühten sich vehement, Antworten auf alle offenen Fragen zum Leben der Muslime in Deutschland und der Struktur der Ditib zu geben. Auch wurde versucht, alle Bedenken gegen die Religionsgemeinschaft Ditib und Verbindungen zum türkischen Staat, Staatspräsident Erdogan und der türkischen Religionsbehörde Diyanet zu zerstreuen, was aber nicht vollends gelingen konnte.

Die Organisation Ditib und deren Wirken als eine der muslimischen Religionsgruppen, die Stellung der Frau in der muslimischen Welt und das ständige Bemühen sich den Regeln der westlichen demokratischen Welt anzupassen, Trennung von Staat und Kirche, das alles wurde angesprochen.

Zum Ende der Versammlung hin wurden allerdings Stimmen aus dem Publikum laut, dass man nun endlich zu dem Hauptpunkt kommen solle, zu dem sich die Bürger/innen in großer Zahl versammelt hatten: „Wann gibt es Antworten auf unsere Fragen?“ Notar Dr. Stefan Braun eröffnete die Fragestunde und skizzierte Probleme, die ihm in seiner Arbeit mit ratsuchenden Muslimen aufgefallen seien. Bekir Alboga hörte aufmerksam zu und versprach dessen Erfahrungen in neue Überlegungen der Ditib einzubeziehen. „Das alles braucht Zeit“, gab er zu bedenken.

Heiner Schneider kam auf die jüngsten Pressemeldungen über Einsätze des Verfassungsschutzes zu sprechen und fragte nach den angesprochenen Finanzierungsmöglichkeiten für den Bau der Moschee: „Übernimmt sich die Ditib dabei nicht?“ Auch Guido Paulig wagte den Zusatz: „Diese Versprechungen können sie nicht halten und hängen sie am finanziellen Tropf der Türkei?“ Auch Dr. Matthias Suchan wollte Antworten auf seine Fragen haben und wurde später im Foyer von Fernsehkameras umringt.

Als sich ausgerechnet AfD-Aktivisten auf mehr Demokratieverständnis beriefen und es laut im Saal wurde, meldete sich erneut Bürgermeister Klöckner zu Wort. Er wies die Zwischenrufer deutlich in die Schranken und erhielt dafür Beifall aus den Reihen des Publikums. Bevor sich vergeblich Roman Frank aus Hachenburg wiederholt zu Wort melden konnte, brach Stadtbürgermeister Röttig die Aussprache spontan ab und erklärte die Versammlung für beendet. Ohne jegliche Begründung.

Das sorgte für verdutzte Gesichter und die „schweigende Mehrheit“ verließ darauf hin spontan den Saal. Es blieben viele unausgesprochene Fragen zum geplanten Bau und eine Menge von enttäuschten Versammlungsteilnehmern übrig, die sich dann im Foyer und vor dem Gebäude lebhaft unterhielten und heftig weiter debattierten. (repa)

Kommentar von Reinhard Panthel
Hass ist ein schlechter Ratgeber für Problemlösungen
Der geplante Bau einer Moschee/Kulturzentrum in Hachenburg erhitzt seit dem Bekanntwerden für diese Bauabsichten die Gemüter der Bürger. Befürworter und Ablehnende für dieses Vorhaben stehen sich noch immer unversöhnlich gegenüber. Christen und Muslime berufen sich gegenseitig auf das deutsche Grundgesetz, das ungehinderte Religionsausübung und Unversehrtheit garantieren soll. Der eigentliche Streit wird allerdings befeuert durch die verordnete Politik auf der einen und den Willen des Volkes auf der anderen Seite. Es ist keine versachlichende Versöhnung erkennbar, weil sich die ratlosen Bürger selbst nicht wehren können und sich von der Politik immer noch im Stich gelassen fühlen.

Es geht nicht grundsätzlich um die Erlaubnis zum Bau einer Moschee, auch wenn sie abwechselnd Moschee, Gebetshaus oder Kulturzentrum genannt wird. Es geht um das Verfahren selbst, wie es politisch einseitig forciert und über die Köpfe der betroffenen Bürger entschieden wird, ohne vorher Antworten auf die begründeten und unbeantworteten Fragen der Bürger zu liefern. Zwei Tage vor einer aufklärenden Bürgerversammlung verkündet die Kreisverwaltung die Genehmigung des Bauvorhabens. „Was und worüber soll man da noch diskutieren, wenn doch alles beschlossen ist?“

Die Hachenburger Bürger/innen christlichen Glaubens leben seit Jahren friedlich mit ihren türkischen Mitbürgern muslimischen Glaubens und Menschen anderer Glaubensrichtungen ohne Störungen und Problemen zusammen. Der Ärger ist erst entstanden, als sich die deutschen Politiker und die Ditib einmischten. Wenn sich der Verfassungsschutz nicht unbegründet mit dieser religiösen Organisation befasst, warum darf dann ein normaler Bürger seine Angst nicht zeigen? Eine Angst vor der Zukunft und den sich abzeichnenden Veränderungen unserer politischen Kultur? Da helfen die beruhigenden Appelle der politischen Gutmenschen wenig.

Wenn man dann zu einer Bürgerversammlung einlädt, zu der so viele interessierte Leute der Einladung mit der Hoffnung auf klare Aussagen und Antworten auf brennende Fragen folgten, dann ist es nicht zu verstehen, dass die Chance für eine lebendige Debatte nicht genutzt wurde. Nach ermüdenden Statements und in Aussicht gestellten Ideallösungen durch die Ditib-Vertreter für das friedliche Miteinander der Religionen, endete die Fragestunde abrupt bevor sie eigentlich beginnen konnte. Das war keine Musterveranstaltung für praktizierte Demokratie. Enttäuschte Bürger traten den Heimweg an mit der Gewissheit: „Außer Spesen nichts gewesen!“, und das ist eigentlich schade.
 
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