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Nachricht vom 27.04.2017    

Ein Abend, viele Impulse: Demenz im Krankenhaus

Früher war das alles selbstverständlich. Morgens frühstücken, alleine einkaufen gehen, sich in der Stadt zurecht finden, die Namen der Nachbarn kennen. Doch irgendwann war nichts mehr selbstverständlich. Sich etwas zu merken, fiel immer schwerer. Das Kurzzeitgedächtnis war wie leergefegt. Es waren erste Symptome einer Demenz.

Andre Hennig vor kompetentem Publikum. Fotos: Nitz-Fotografie

Montabaur. Eine Krankheit, die einer immer älter werdenden Gesellschaft immer häufiger begegnet – und sie vor große Herausforderungen stellt. Etwa in einem Krankenhaus. Ein Patient, der an einer Demenz leidet, findet vielleicht nicht mehr selbst den Weg zur Dusche. Vergisst gar, wo er ist, wenn er am Morgen aufwacht. „Menschen mit Demenz im Krankenhaus“ – so lautete das Thema einer Veranstaltung, zu der das Katholische Klinikum Koblenz Montabaur und das Forum Soziale Gerechtigkeit gemeinsam ins Brüderkrankenhaus nach Montabaur geladen hatten. Ein Abend voller starker Impulse und spannender Begegnungen.

„Demenz im Krankenhaus ist ein enorm wichtiges Thema“, sagte David Langner. Der Staatssekretär aus dem Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie in Mainz eröffnete den Abend mit einem kurzen Grußwort. „Rund 23 Prozent der Patienten leiden an einer Demenz. Das unterstreicht, dass das Thema nicht nur ab und zu vorkommt, sondern dass quasi jeder vierte Patient betroffen ist. Das stellt die Mitarbeiter in Krankenhäusern, aber auch die Angehörigen der Betroffenen vor große Herausforderungen.“ Sein Ministerium hatte einst das Modellprojekt „Demenzkompetenz im Krankenhaus“ ins Leben gerufen. Von Juli 2013 bis Februar 2015 wurden, unter Führung der Landeszentrale für Gesundheitsförderung, an acht Modellkliniken in Rheinland-Pfalz eine Vielzahl an Erfahrungen und Ergebnissen im Umgang mit Demenzpatienten gesammelt und diese anschließend für alle Kliniken zugänglich gemacht. Langner versprach: „Wir werden die Krankenhäuser auch zukünftig beim Thema Demenz sehr eng begleiten.“

Eng eingebunden in die Modellphase des Landes war mit Andre Hennig auch der Hauptreferent des Abends. Der Mainzer, Gründer und Inhaber der Firma Inverso, bietet Weiterbildung, Coaching und Beratung im Gesundheitswesen an. Mehr als 15 Jahre Expertise im Hinblick auf die Versorgung von Menschen mit Demenz machen ihn zu einem der führenden Experten im Land. Er begleitete im Auftrag der Landesregierung das Modellprojekt und berichtete sehr anschaulich und lebendig von den gemachten Erfahrungen – nicht ohne jedoch auch kritische Töne zu treffen. „Sehr viele Krankenhäuser haben sich zum Thema Demenz auf den Weg gemacht und bereits beachtenswerte Erfolge erzielt. Aber wir sind weit davon entfernt sagen zu können, dass wir zufrieden sein dürfen. Oftmals geraten Krankenhäuser an die Grenzen ihrer Ressourcen, zum Beispiel mit Blick auf die Manpower. Wir sind noch meilenweit von den Versorgungsbedingungen entfernt, die Menschen mit Demenz benötigen.“



Moderiert von Uli Schmidt (Forum Soziale Gerechtigkeit) und Werner Hohmann (Hausoberer KKM) kamen im Laufe der Veranstaltung weitere Experten zum Thema Demenz in Vorträgen zu Wort. In einem Kurzfilm wurde zunächst die Situation am Katholischen Klinikum erläutert, das sich mit einer eigenen Klinik für Akutgeriatrie intensiv dem Thema Altersmedizin und damit auch dem Thema Demenz im Krankenhaus widmet. Dr. med. Ralph Schulz (Chefarzt Akutgeriatrie) und Prof. Dr. med. Johannes Wöhrle (Chefarzt Neurologie/Stroke Unit) berichteten anschließend aus dem Klinikalltag. Kurze Impulse gab es zudem von Judith Gläser (Demenznetzwerk Montabaur Wirges Wallmerod) und dem in der Region tätigen Hausarzt Dr. Volker Classen.

„Bei der Planung dieser Veranstaltung haben sich Forum und KKM die Frage gestellt, ob das Thema Demenz im Westerwald überhaupt schon ein Thema ist“, sagte Uli Schmidt. „Der Abend hat eindrucksvoll gezeigt: Es ist ein Thema, das sehr viele Menschen bewegt.“ Auch Andre Hennig verließ nach zwei kurzweiligen Stunden den Westerwald mit dem Eindruck, „dass das ein sehr gelungener Abend war. „Ich maße mir an, das sagen zu dürfen, denn ich komme sehr viel rum zu diesem Thema. Im Publikum saßen (Medizin)Profis, aber auch Betroffene und Angehörige. Diese Mischung war unheimlich spannend – ich denke, für alle Seiten.“

„Das war eine sehr gelungene Veranstaltung, von der alle Beteiligten sehr viel mitnehmen konnten“, sagte auch Matthias Warmuth (Mitglied der Geschäftsführung der BBT-Gruppe). „Der alte Mensch im Krankenhaus ist ein wichtiges Thema für uns, dem wir uns schon heute sehr intensiv widmen. Die erfolgreiche Etablierung der Akutgeriatrie am Brüderkrankenhaus in Montabaur, die schon per Definition deutlich längere Verweildauern für Patienten im Krankenhaus ermöglicht, war ein erster wichtiger Schritt.“

Der wichtigste Impuls an einem Abend mit vielen Fachinformationen kam jedoch ganz ungeplant und aus dem Publikum. „Mein Mann leidet schon seit langer Zeit an Demenz“, sagte eine Zuhörerin bei der abschließenden Fragerunde. „Aber wir genießen auch heute noch jeden einzelnen Tag unseres Zusammenlebens sehr. Und wir sind seit 65 Jahren verheiratet.“ Beeindruckende Worte am Ende eines beeindruckenden Abends, der viel Mut machte, aber auch noch viele Aufgaben aufzeigte, die es in der Zukunft zum Thema Demenz noch zu bewältigen gilt. (Tom Neumann)



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