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Nachricht vom 23.08.2016    

Widerstand gegen die Abschiebung eines jungen Flüchtlings nach Ungarn

Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht. Dieser alte Spontispruch gewinnt derzeit im Westerwald wieder an Bedeutung. Denn dort soll ein junger und bestens integrierter Flüchtling aus Pakistan wegen des „Dublin-Abkommen“ nach Ungarn abgeschoben werden. Er sollte am 23. August abgeschoben werden, was dank der Intervention von Uli Schmidt (Horbach) nicht gelungen ist.

Symbolfoto. Foto: privat

Horbach. Die Betreuer vor Ort in Horbach sind sich einig: das hat mit einem demokratischen Rechtsstaat nichts mehr zu tun! Deshalb wurde der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) angerufen. In zwei aktuellen Fällen in Österreich hat dieser einen solchen Irrsinn im letzten Moment gestoppt.

Der Hintergrund: Derzeit läuft in Ungarn eine staatlich gelenkte Kampagne, die mit übelster Hetze versucht Stimmung gegen alles Fremde zu machen. Bereits jetzt sind Inhaftierung und Misshandlung von Flüchtlingen im Reich des Viktor Orban an der Tagesordnung, werden Menschenrechte mit Füßen getreten. Ziel ist es, nach einer im Oktober geplanten Volksabstimmung auch noch die letzten „Gäste“ aus Ungarn zu verjagen.

„Es darf einfach nicht sein, dass eine demokratisch legitimierte Kreisverwaltung wie unsere in Montabaur das Recht für sich in Anspruch nimmt, einen Jugendlichen an so einen Unrechtsstaat auszuliefern“, stellt das in Horbach wohnende Kreistagsmitglied Uli Schmidt erschüttert fest. Dabei gebe es höchstrichterliche Urteile, unter anderem ein ganz aktuelles vom OVG Rheinland-Pfalz, das eine Abschiebung nach Ungarn gemäß „Dublin“ im Einzelfall ablehne. „Hier soll mit unsinniger Härte in einem unbedeutenden Einzelfall ein Exempel statuiert werden“, so der SPD-Sozialpolitiker.

Schmidt äußert sich zu einzelnen Aspekten wie folgt:
- „Die Kreisverwaltung beruft sich darauf, dass nur eine Entscheidung des zuständigen BAMF ausgeführt wird ohne eigenen Entscheidungsspielraum. Das ist nicht nachvollziehbar: in anderen Kreisen wird in vergleichbaren Fällen nicht so verfahren, setzt man sich auch mal kritisch mit dem Bundesamt auseinander. Man versteckt sich hier einfach hinter einer Anweisung des BAMF (die im Übrigen bisher niemand gesehen hat).

- Es geht wohl einfach nur darum: der Westerwaldkreis will „Landesmeister“ im Abschieben werden! Einige politisch Verantwortliche begründen dadurch wohl auch die Hoffnung auf Stimmen am rechten Rand bei der nächsten Wahl.

- Die versuchte Abschiebung und der damit verbundenen Aufwand führen zu hohen Kosten die allein zu Lasten der Steuerzahler gehen. Dies sollte vom Landesrechnungshof kritisch unter die Lupe genommen werden, da Aufwand und „Nutzen“ in einem extrem groben Missverhältnis stehen und der Vorgang unter die Kategorie Steuerverschwendung fällt.

- Dabei würde der betroffene Flüchtling gerne arbeiten und nicht auf Kosten der Allgemeinheit leben müssen. Anmerkung: ohne „Dublin“ und „Verfolgung“ durch die Ausländerbehörde im Westerwaldkreis wäre er längst in Arbeit oder in Ausbildung! Er ist bestens integriert und könnte im Westerwald ein weiteres Musterbeispiel für gelungene Integration in kürzester Zeit sein.

- Die Arbeit der Polizei kann man in Zeiten zunehmender gesellschaftlicher und politischer Verwerfungen nicht hoch genug einschätzen und würdigen. Aber: es wird behauptet, die Polizei würde nicht in einer „Nacht- und Nebelaktion“ abschieben. Wie soll man es denn bezeichnen, wenn bereits zweimal ohne Ankündigung mit mehreren Polizeiautos und vielen Beamten versucht wurde, den jetzt auch in unserem Land flüchtigen Flüchtling zu nächtlicher Stunde vor Ort zu ergreifen?

- Wäre unsere Polizei mit zu knapp bemessenem Personal nicht sinnvoller eingesetzt mit der Abschiebung von Gewalttätern und Kriminellen?

- Zweifelhaft ist auch die Rolle des zuständigen Verwaltungsgerichtes in Trier: dort wird einfach über Monate nicht über den vorliegenden Antrag entschieden. Dafür gibt es zwei erkennbare Gründe: eine Entscheidung im Einzelfall würde ganz sicher (wie bei anderen höchsten Landesgerichten) gegen eine Abschiebung ausfallen, da die Menschenrechtssituation in Ungarn zweifelhaft ist. Und zweitens: das Gericht wartet einfach auf die Abschiebung und muss nicht mehr entscheiden. Folge: viel Arbeit und eventuell Ärger gespart. Man stelle sich einfach mal vor, es müsse in Sachen FOC Montabaur oder ähnlichem entschieden werden… aber hier geht es ja nur um einen Menschen in Not!?

- Schon fast lachhaft ist die behördliche Feststellung, dass man „stets auch den humanitären Aspekt im Blick“ habe. Humanitär kommt bekanntlich von Humanismus…..

- Nicht weniger lustig ist die Feststellung im genannten Pressebericht, es gebe ja auch Dublin-Fälle in umgekehrter Richtung: wie dramatisch muss es sein, von Schweden zu uns nach Deutschland abgeschoben zu werden?! Mangels Argumenten muss sogar so ein Unsinn herhalten!

- Auch nicht ganz unwichtig: Durch das Verhalten der zuständigen Behörden in so einem Fall wird das hohe ehrenamtliche Engagement der vielen Betreuerinnen und Betreuer von Flüchtlingen im Westerwald sicher nicht gefördert! Und ohne dieses funktioniert die Integration auch bei uns nicht.“



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Uli Schmidt, der auch Sprecher des Forum Soziale Gerechtigkeit im Westerwald ist, stellt abschließend fest: „Die Sache ist das Abartigste, was ich in nunmehr über 40 Jahren Kommunalpolitik erlebt habe. Und ich habe in Verantwortung des Kreises sozialpolitisch im Westerwaldkreis schon viele im höchsten Maße zweifelhafte Entwicklungen erlebt“. Statt in vielen gesellschaftlichen Bereichen vom Handwerk bis zur Pflege und Gastronomie dringend in unserer Gesellschaft benötigte junge und arbeitswilligen Menschen eine Chance zu geben, würden diese durch behördliches Versagen in Isolation und im Einzelfall in den Selbstmord getrieben - im schlimmsten Fall letzteres in Verbindung mit einem terroristischen Aspekt. „Wenn mit Sinn suchenden und leistungsbereiten jungen Menschen in unserem Land so umgegangen wird, kann ich die Sympathie mit terroristischen Heilspredigern als letzten Ausweg sogar verstehen“, so Schmidt.


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